Lernwerkstatt Film und Geschichte Die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts im Film

Das Projekt „Lernwerkstatt Film und Geschichte“

Die Lernwerkstatt Film und Geschichte ist eine überarbeitete und erweiterte Version dieser vorherigen Website:

Die Anfänge der Lernwerkstatt gehen auf das Jahr 2001 zurück. Sie ist auf Initiative der damaligen Projektgruppe der Landesinitiative n-21 im Nds. Kultusministerium als eine von ursprünglich 15 Lernumgebungen im Netz entstanden.1) Ziel dieser Initiative war es, Medienbildung verbindlich in den Fächern der Schule zu verankern, also auch im Fach Geschichte.2) Das Leitkonzept „Problemorientierung“ bildete die Grundlage für die Entwicklung einer auf die Anforderungen der Wissensgesellschaft orientierten Lernkultur: selbstgesteuertes und problemorientiertes Lernen sollte mit diesen Lernumgebungen gefördert werden.3)

Dazu wurden Kooperationsvereinbarungen mit Universitäten bzw. außerschulischen Lernorten geschlossen, durch die die Kooperationspartner finanziell und konzeptionell bei der Einrichtung und Entwicklung ihrer Lernwerkstätten im Netz gefördert wurden.

Die Lernwerkstatt Geschichte ist damals entstanden aus einer Kooperation des Historischen Seminars der Leibnitz Universität Hannover mit dem Projekt n-21 und dem Geschichtsatlas Niedersachsen4), der die regionalgeschichtliche Projektarbeit förderte. In enger Kooperation mit der Lernwerkstatt Geschichte hat das Kulturarchiv der Fachhochschule Hannover/jetzt: Filminstitut damals ein spezielles Angebot zum Thema Film und Geschichte entwickelt. Dadurch sollte die besondere Bedeutung des Mediums Film für die historisch-politische Bildung und Medienbildung gleichermaßen betont werden.

Ab 2004 entfiel die Förderung dieser Arbeit. Trotzdem existierten einige Lernwerkstätten weiter, so auch fast zwei Jahrzehnte die Lernwerkstatt Geschichte, mit der Absicht weiterhin „Studierenden des Historischen Seminars und allen anderen interessierten Personen methodische, handwerkliche und inhaltliche Aspekte der Geschichtswissenschaft näherzubringen.“ Seit Januar 2021 ist die LWG leider aus dem Netz genommen.

Auch die Lernwerkstatt Film und Geschichte wurde in Kooperation von Filminstitut, GFS und NLQ fortgeführt und entwickelte sich zu einer umfangreichen Materialbörse im Netz.5)

Heute, fast 20 Jahre später hat sich viel getan und zahlreiche Archive, Institute von Universitäten, Forschungseinrichtungen, Museen, Filminitiativen, Filmverleihe und Filmproduzenten sowie TV-Sender haben mittlerweile ihre Filme und Materialien zur Filmgeschichte und zu Geschichte im Film ins Netz gestellt.

Man kann deshalb auch zurecht die Frage stellen, warum eine Sammlung von Filmen und Materialien, wenn beispielsweise allein bei filmprotal.de bereits eine Sammlung von derzeit 143 ausführlich dokumentierten Filmen vorliegt?

Wir nutzen deswegen jetzt den notwendig gewordenen Serverplatzwechsel, um einige Ideen aus den Anfangsjahren wieder aufzunehmen und wollen perspektivisch neben der Materialbereitstellung den Aspekt der Lernumgebung stärker betonen. Ziel des Projekts ist es, eine modular strukturierte interaktive Lern- und Arbeitsumgebung zu gestalten, in der vorhandene und neu zu entwickelnde Materialien für die Lehrkräfteaus- und Fortbildung und für den historisch-politischen Unterricht aufgearbeitet und auf diese Weise der film- und quellenkritischen Arbeit in der Schule zugänglich gemacht werden.

Diese Absicht spiegelt sich zum einen in der neuen Struktur der Lernwerkstatt wieder und wird mit der Entwicklung interaktiver Filmbildungspakete, die hier z.T. frei verfügbar sind (z.T. aus rechtlichen Gründen – nur für Lehrkräfte in Niedersachsen) auch praktisch umgesetzt. 6)

Diese Lernwerkstatt heißt Film UND Geschichte. Wir betrachten die Filme aus historischer Perspektive in jeweiligen Kontexten der Entstehung und der inhaltlichen Bezüge für wichtige Themen und Ereignisse der deutschen Geschichte. Unsere Filmauswahl orientiert sich deshalb auch nicht an der „filmgeschichtlichen Bedeutung“ der Filme, sondern daran, welche Relevanz sie für die Bearbeitung historischer Themen haben. Beide Auswalkriterien unterliegen dabei ganz sicher auch subjektiven Voreinstellungen. Das bedeutet, dass sowohl die Filme selbst als auch ihre Kontextualisierung für die von uns angestrebte pädagogische Arbeit mit Filmen bedeutsam sind.

Für uns sind dabei Spiel- und Dokumentarfilme gleichermaßen wichtig. Unter Grundlagen stellen wir dies dar.

Unter Historische Themen definieren wir Themen aus der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, die uns bedeutsam sind, um in der Schule behandelt zu werden – unabhängig davon, ob und wie sie gegenwärtig real im Geschichtsunterricht vorkommen.7)

Die ausgewählten Filme werden unter Filme in ihrer Zeit filmgeschichtlich „verortet“. Die Dokumente und einzelnen Beiträge haben dabei Bedeutung für die konkrete Arbeit mit den ausgewählten Filmen. Es ist nicht beabsichtigt, eine (weitere) geschlossene Filmgeschichte zu erstellen.

Beabsichtigt ist, zu jedem ausgewählten Film folgende Aspekte ausführen:

  • Inhalt und filmographische Angaben
  • Sequenzprotokoll
  • Filmanalyse
  • Zur Entstehungsgeschichte des Films
  • Zeitgenössische Filmkritiken
  • Retrospektive Filmkritiken
  • Hinweise zur Arbeit mit dem Film

Weitere Aspekte kommen bei einigen Filmen hinzu. Die filmanalytischen Beiträge sind dabei bewusst aus sehr unterschiedlichen Perspektiven geschrieben. Dies allein schon, weil die Autoren/innen und ihre Arbeitskontexte sich unterscheiden.

Die Materialien und Beiträge der so aufbereiteten Filme sind zugleich die Grundlage für die Entwicklung von Fortbildungsveranstaltungen und die Erstellung (interaktiver) Bildungspakete für den Schulunterricht. Erste Beispiele sind im Bereich Unterricht und Fortbildung integriert. Für diese Bildungspakete existiert ein didaktisches Konzept, was wir versuchen, mehr oder weniger ausgeführt umzusetzen.

Im Bereich Unterricht und Fortbildung wollen wir zukünftig auf Veranstaltungen hinweisen, die von uns oder den einzelnen Kooperationspartnern durchgeführt werden und konkrete Fortbildungsangebote, die sich auf die Materialien der Lernwerkstatt beziehen, entwickeln.

 

Besondere Bedeutung für diese Lernwerkstatt hat der Bereich der Niedersächsischen Filmgeschichte und hier vor allem Hannover im Film. Hierzu stehen uns zahlreiche Nachlässe zur Verfügung, die es z. B. ermöglichen, die Filmproduktion zweier der bedeutendsten Filmproduktionsfirmen der Nachkriegszeit, der Filmaufbau GmbH Göttingen und Der Junge Film-Union ausführlich zu dokumentieren.

Der Themenbereich Niedersächsische Filmgeschichte wird anhand der Aspekte Filmschauplätze, Filmproduktion und Filmschaffende beleuchtet. Außerdem gibt es Informationen zu Ausstellungen, die in diesem Zusammenhang erarbeitet wurden.

Der umfangreiche Komplex Hannover im Film informiert über historische Dokumentarfilme, die über die Stadt Hannover gedreht worden sind. Hier findet sich u. a. eine Dokumentation der Filme, exemplarische Fotos und Filmausschnitte, Kontextmaterialien und Hinweise für die Bildungsarbeit.
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Zum Stand der Arbeit

In vielen inhaltlichen Bereichen wird deutlich, dass diese Lernwerkstatt im ernst gemeinten Sinn ein „work in progress“ ist, deren Weiterentwicklung abhängig ist von den zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen. Und die sind leider sehr begrenzt.

Aus diesem Grunde sind ganze Themenbereiche bisher gar nicht oder nur exemplarisch ausgearbeitet und die Aufbereitung der einzelnen Filme unterschiedlich weit entwickelt.

Wir haben deshalb eine Grundsatzentscheidung treffen müssen. Warten wir mit der Veröffentlichung einzelner Materialien und Beiträge solange, bis wir die Inhaltsbereiche, in denen sie veröffentlicht werden sollen, „fertig“ bearbeitet haben, oder veröffentlichen wir sie bereits in einem Stadium der Arbeit, wo sie zunächst einmal nur für sich stehen? Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden auch als stiller Impuls für kritische Rückmeldungen, Ideen zur Arbeit und Neugier auf weiteres.

Detlef Endeward/Peter Stettner, Januar 2021


(1)    Wolf-Rüdiger Wagner/Detlef Endeward: Lernwerkstätten im Netz. Ein Modell für praxisbegleitende Lehrerfortbildung. In: Computer + Unterricht, Heft 44/2002, S. 32-35
(2)    Detlef Endeward/Irmgard Wilharm: Medienpädagogik und Fachdidaktik – der Fall Geschichte. In: Geschichte – Erziehung – Politik. Magazin für historische und politische Bildung 3/1997, S. 146-150
(3) 
Heinz Mandl/Gabi Reinmann-Rothmeier/Cornelia Gräsel: Gutachten zur Vorbereitung des Programms „Systematische Einbeziehung von Medien, Informations- und Kommunikations-technologien in Lehr- und Lernprozesse“. BLK Materialien zur Bildungsplanung und zur ForschungsförderungHeft 66, 1998
(4) 
Werkstattbericht 4: Internetatlanten Niedersachsen. Hrsg. von der Landesinitiative n21, Hannover Werkstattbericht 4
(5) Detlef Endeward: Das Internet als Materialbörse für die historische Filmanalyse. In: FilmComputer + Unterricht Nr. 79/2010
(6) 
Wagner, Wolf-Rüdiger: Eine digitale Wende in der Filmbildung? Neue Potenziale für die unterrichtliche Auseinandersetzung mit Filmen. In: Computer & Unterricht 79/2010, S. 6-9 und Detlef Endeward: Historisch-kritische Filmanalyse im schulischen Geschichtsunterricht. In: Wilfried Köpke/Peter Stettner (Hrsg.): Filmerbe. Non-fiktionale historische Bewegtbilder in Wissenschaft und Medienpraxis, Köln 2018, S. 209-236
(7) 
1975 hat Helmut Hoffacker eine Materialsammlung zum historisch-politischen Unterricht herausgegeben, die er mit dem Untertitel „Versäumte Lektionen“ versehen hat. Er wollte damit Materialien „zu wichtigen, in den üblichen Unterrichtswerken nicht genügend ausgearbeiteten Kapiteln der deutschen und europäischen Geschichte“ anbieten. Uns scheint es wichtig, auch heute wieder an „versäumte Lektionen“ zu erinnern, weil im Zuge der Kompetenzorientierung des Geschichtsunterrichts (so wichtig und richtig diese auch ist) leicht kritische Themen der deutschen Geschichte dem Vergessen anheim fallen.